Was ist Rückbildung?
Und warum es so wichtig ist, sich schon in der Schwangerschaft damit auseinanderzusetzen.
Vielleicht ist es euch schon mal aufgefallen, dass man sich ganz wahnsinnig intensiv mit der Schwangerschaft beschäftigt, alles liest, was man so kriegen kann. Man wird von der Umwelt behandelt wie eine Königin.
Doch kaum ist das Baby auf der Welt, interessiert sich kein Mensch mehr für dich, alles was zählt, ist das Baby, und was "danach" passiert, weiß auch irgendwie keiner.
Oft ist es nämlich genau so, dass viele frischen Mamas erst mal aus allen Wolken fallen, weil sie "damit" nicht gerechnet haben, nicht wußten, was auf sie zukommt und überhaupt nicht wissen, was mit ihnen los ist.
Aber das muß ja nicht sein.
Vorbereitung ist alles.
Warum es so wichtig ist, sich schon in der Schwangerschaft mit der Rückbildung zu beschäftigen, darum geht es heute.
Die Rückbildung ist von Frau zu Frau individuell verschieden, abhängig vom Lebensalter und körperlichen Anlagen, wie die von Bindegewebe, Muskeln und Knochen. Unterstützend wirken aktives Stillen und körperliche Eigeninitiative wie Rückbildungsgymnastik und sonstige sportliche Aktivitäten."
Vor allem wissen sie nicht, dass all das, was da oben beschrieben wird, echt lange dauert!
Mit der Geburt beginnt ein völlig neues Leben für jede Frau. Es ist nicht mehr vergleichbar mit dem "Davor". Weder praktisch, seelisch noch körperlich.
Der gesamte Fokus liegt nun auf dem Baby, die Mutter, mit all den neuen, und manchmal auch beängstigenden, körperlichen Veränderungen, bleibt irgendwo im Hintergrund.
Kein Wunder, dass so viele Frauen denken, mit ihnen stimmt etwas nicht.
In unserer modernen und sehr schnellen Welt, bleibt da oft keine Zeit, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und in Ruhe zu heilen und zu regenerieren.
Während der Schwangerschaft vollbringt der Körper absolute Höchstleistungen, massive Transformationen und Veränderungen, die keinen Vergleich sonst im Leben haben.
Eine Geburt an sich, gleicht den körperlichen Anstrengungen eines Marathons. Eigentlich wäre danach erstmal eine richtig große, lange Erholungszeit angesagt.
Bei einem Kaiserschnitt noch gleich mehr, wegen der Narkose und den Nähten.
Aber dann geht es auch schon gleich weiter und Erholung ist erstmal nicht drin für eine ganz schön lange Zeit.
Die Rückbildung fängt sofort an, wenn die Plazenta draußen ist.
Auch die Rückbildung ist für den Organismus eine echte Schwerstarbeit. Zwar geht das ganz automatisch und läuft im Prinzip nebenher, aber es ist trotzdem ein Prozess, der viele Kalorien verbraucht. Und nicht nur die echten Kalorien, die man zu sich nimmt, auch ganz normale Lebens-Energie.
In der Literatur heißt es immer so schön "Frühwochenbett" und "Spätwochenbett".
Danach ist aber noch lange nichts "fertig".
Das "Frühwochenbett" sind die ersten 7-10 Tage. Je nach Geburt, im Krankenhaus oder zuhause. Die Akutphase sozusagen.
Danach kommt das "Spätwochenbett" und nach 6-8 Wochen ist das Wochenbett vorbei.
Merke: Aber nicht die Rückbildung!
Das Wochenbett ist offiziell nach 6-8 Wochen abgeschlossen.
Die Rückbildung aber noch lange nicht. Und zwar noch LANGE nicht.
Leider führen diese Bezeichnungen etwas in die Irre, weil meistens Wochenbett mit Rückbildung verwechselt wird. Auch, wenn die Begriffe für diese Phase der Rückbildung völlig passend sind, fehlt der ganze Rest. Und der Rest sind die nächsten 2-3 Jahre.
Rückbildung ist eine komplette Lebensphase, nicht 2-3 Monate.
Die körperlichen Risiken und Gefahren, in dieser belasteten Zeit, sind sehr manigfaltig und werden meistens komplett unterschätzt.
Eine frühzeitige Aufklärung schon in der Schwangerschaft, ist absolut notwendig, um zu verhindern, dass später im Stress, Dinge gemacht werden, die eine echte Gefahr für den Körper darstellen.
Wenn das Baby erste Priorität hat, die Mutter müde ist und keine Zeit mehr hat, sich nicht mehr gut auf sich konzentrieren kann und auch gar keine Kapazität mehr hat, gut in sich nachzuspüren, tun sich echte körperliche Risiken auf.
In der Dauermüdigkeit und im Dauerzeitmangel, macht man meistens automatisch das, was andere machen, einfach weil es alle machen. Oder man macht das, was man von früher her ungefiltert im Unterbewusstsein hat und denkt zu wissen. Das sind einfach Automatismen, die jeder hat.
Da ist keine Zeit mehr, sich gründlich zu informieren und nachzuforschen oder vielleicht mal ein paar Stunden am Stück ungestört am PC zu sitzen und zu recherchieren. Meistens macht man das dann erst, wenn der Schaden groß ist.
Keyword Suche: "Rektusdiastase", "Inkontinenz", "Beckenboden hängt", "Nabelbruch" und so weiter.
Dass Frauen körperlich völlig unvorbereitet und instabil in einen Power Gymnastikkurs gehen und Alltagsverhaltensmaßnahmen nicht kennen, ist gang und gäbe und leider sehr erschreckend.
Das Angebot der "Gymnastik" jeglicher Art nach der Geburt wird immer größer und es besteht ein echtes Gesundheitsrisiko darin, dass Frauen mit Dysfunktionen, Dysbalancen und gravierenden Geburtsverletzungen in diesen Kursen überhaupt keine richtige Betreuung und auch keine richtigen, fundierten Informationen finden. Ganz zu schweigen von den Schäden, die mit falschen Übungen angerichtet werden können.
Auch die körperliche Überforderung und das Burnout von Müttern sind bekannt und leider keine Seltenheit.
Was am Anfang vielleicht noch ganz gut läuft, zeigt sich oft erst Monate später als Symptom. Manchmal sogar erst im späteren Leben.
Was ich damit sagen will ist, dass man sehr viel an Symptomen und Spätschäden verhindern kann, wenn man vorbereitet ist, wenn man weiß, was einen erwartet, wenn man weiß, was man tun kann und was man besser lassen sollte.
Und natürlich, wenn man sich auch daran hält!
Ich kenne viele Frauen, die sich körperlich absolut überfordern nach der Geburt.
Joggen gehen, wo ein Mittagschlaf angesagt wäre, weil man ja fit werden muß und sich auspowern will.
Fitness Studio, weil man ja den Bauch in den Griff kriegen muß und die Konkurrenz nicht schläft.
Diät, weil ja die Kilos runter müssen und der Bauch speckig und eklig ist.
Das ist wirklich ein ganz falscher Ansatz, der weder glücklich noch gesund macht.
Zur Unterstützung aller, völlig normalen, Prozesse im Körper, braucht jede Frau die richtige Anleitung, wie sie mit ihrem Körper umgehen sollte, damit sie sich und ihrem frischen Mama Körper keine Schäden zufügt, damit sie ihn best möglich fördert, aber nicht überfordert. Damit er heilt und sich gut regenerieren kann, um stabil und stark für die Zukunft zu werden.
Die Linie ist manchmal nicht so ganz klar. Was ist Förderung und was ist Überforderung?
Als kleiner Tipp: Müdigkeit ist IMMER ein Zeichen, dass man müde ist :) Müdigkeit will einem sagen, dass man ausruhen soll, nicht dass man jetzt eine Power Trainingseinheit braucht, weil man ja nur "seinen inneren Schweinehund überwinden muss".
Für den Organismus in der Regeneration ist das purer Streß.
Für sehr sehr viele Mamas ist das Ende des Wochenbetts und des Rückbildungskurses dann der offizielle Startschuß, um wieder "richtig loszulegen".
Jetzt kommen die Yoga Kurse, die Pilates Kurse oder die Zumba Kurse wieder ins Spiel.
Gefährlich kann das werden, wenn die Kursleiterin nicht weiß, was Rückbildung tatsächlich bedeutet.
Zu viele Kursanbieter bieten genau das an, was sie den "normalen" Menschen anbieten, nur unter anderem Name, ohne Rücksicht auf die ganz speziellen Bedürfnisse und Besonderheiten eines Rückbildungskörpers.
Oder es wird selbst ein Programm zusammengestellt mit Joggen, weniger Essen und Dingen, die vielleicht vorher ganz prima und gut waren, die jetzt aber gerade eigentlich nicht mehr anwendbar sind.
Das ist die Norm. So habe ich das bei hunderten und hunderten von Frauen über die Jahre erlebt.
Aber hier komme ja ich dann ins Spiel und bremse.
Auch, wenn Bremsen langweilig und nervig ist.
Aber ich sage es noch mal kurz:
Rückbildung dauert 2-3 Jahre.
So eine furchtbar lange Zeit ist vorher fast unvorstellbar.
Und doch, die meisten Mütter können ein Lied davon singen, dass es länger dauert, als sie sich vorgestellt haben.
Man muß sich eins wirklich merken! Und das ist, dass der Körper eine ganz wahnsinnige und massive Veränderung und Transformation durchgemacht hat.
Die Rumpfwand, die Beckenbodenmuskulatur, die Gelenke sind geschwächt und locker nach der Geburt. Das Zusammenspiel dieser ganzen Muskelketten läuft nicht mehr rund. Muskulatur ist massiv überdehnt und im Ausnahmezustand. Die Hormone, der Kreislauf, die Verdauung, die Atmung, die Statik, alle im Umkehrmodus.
Teilweise gibt es Verletzungen, Schnitte, Narben und Mikrorisse im Gewebe, die erst heilen müssen. Das ist alles völlig normal und passiert immer.
Nicht nur muss sich das alles erst zurückbilden, es benötigt auch für den Bewegungsapparat Übungen, die ihn funktionell wieder stabil machen und aufbauen. Und zwar so, dass es dem Körper in dieser Phase angemessen ist.
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Wird das versäumt, kann es sein, dass muskuläre Schwächen später zum Langzeitproblem werden können.
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Wird unfunktionelles und überfordernes Training oder Übungen gemacht, können sich Probleme überhaupt auch erst entwickeln und bei Nichtbeachtung irgendwann zum echten Lebensproblem werden.
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Macht man Übungen, die einen massiven und unökonomischen Kraftaufwand benötigen, der dann natürlich von der geschwächten oder verletzten Muskulatur gar nicht abgefangen werden kann, geht der Köper den Weg des geringsten Widerstandes und gibt genau dort nach, wo er noch weich ist. Das kann auf Dauer ganz schwerwiegende Folgen für die Kontinenz und den Bauch haben.
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Überdosierung ist auch so ein Thema. Tempo, Dauer und Anzahl der Übungen müssen genau im Auge behalten werden und darf den frischen Postbaby Körper nicht überbelasten. Nicht immer klappt das mit den 3x15 Wiederholungen pro Übung, wie das ja so oft angesagt wird. Eher oft als selten fängt man vielleicht mit 2x5 Wiederholungen an, weil es einfach nicht geht. Aber das ist überhaupt nicht schlimm.
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Wird den Frauen nicht beigebracht, wie man die Atmung wieder richtig "benutzt", bleiben sie vielleicht in einem Atemmuster stecken, das nicht förderlich ist und den ganzen restlichen Körper negativ beeinflussen kann.
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Gewöhnt man sich an, die Übungen, die man halt so macht, in unfunktionalen. sprich falschen, Mustern auszuführen, kann das auf Dauer vielleicht noch zu ganz anderen Symptomen führen.
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Korrigiert man die Statik nicht und kommt nicht wieder ins Lot, kann das für viele Bewegungsabläufe vielleicht irgendwann zum Hemmschuh werden.
Das ist nicht lustig und das meiste davon könnte auf jeden Fall verhindert werden.
Die gesamte Umstellung nach der Schwangerschaft geht nun mal nicht schnell.
Der Körper ist langsam.
Stetig und automatisch, aber langsam. Wobei uns das nur so langsam erscheint, weil wir ständig getrieben sind und uns vorgegaukelt wird, dass das so nicht normal ist.
Für den Körper an sich, ist das eine ganz normale Geschwindigkeit. Dem ist es egal, ob du in Eile oder Hektik bist, ob dir Instagram pro Tag 20 gestählte Sixpack Mütter zeigt oder ob deine Nachbarin mit dem Kinderwagen joggen geht, kann ja jeder machen, was er will (ihr kannst du diesen Artikel gleich weiterleiten).
Er kann's nicht schneller. Und man kann ihn auch nicht dazu antreiben sich schneller zurückzubilden. Die Physiologie und Biologie haben ihre eigenen Regeln. Ob man das akzeptiert oder nicht.
Es dauert so lange wie es dauert. Und das sind nun mal, vom großen Ganzen aus betrachtet, 2-3 Jahre.
Wenn man diese Phase als große Lebensphase nimmt, die komplett nicht nur das Leben umgekrempelt hat, sondern auch zwei mal den gesamten Körper (erst hin, dann zurück), dann hat man vielleicht ein bißchen mehr Verständnis und Geduld für und mit sich.
Einerseits klingt das ganz fürchterlich lang und man will es so nicht haben. Weil Geduld ist ja nicht so jedermann's Sache und das Kopfkino läuft auf Hochtouren.
Andererseits, könnte man sich mit so einer schönen, langen Zeitspanne auch völlig rein entspannen und alles so laufen lassen, wie es läuft. Ohne sich und seinen wundervollen Körper ständig anzuzweifeln und sich verrückt zu machen.
Mit dem Wissen, daß es so lange dauert, kann man komplett Ruhe bewahren.
Aber, nicht jede Mutter ist auch gleich eine Patientin!
Aber, alle Frauen brauchen das selbe, grundlegende Verständnis dafür, was in ihrem Körper an Prozessen abläuft. Alle brauchen die richtigen grundlegende Übungen, die passen.
Alle brauchen Aufklärung über Verhaltensmaßnahmen in dieser Zeit.
Und alle brauchen auf jeden Fall ganz spezielle Pflege und ganz spezielle Betreuung.
Einfach aus dem Grund, weil der Körper in dieser Zeit von Natur aus instabil ist und noch nie vorher so verletzlich und zerbrechlich war.
Dieser Zustand ist völlig normal. Das ist nichts Pathologisches an sich.
Das muß unbedingt klar sein. Sonst macht man sich das Leben für eine lange Zeit unnötig zur Hölle. Man muß es nicht mögen, man muß es nur so akzeptiere, wie es ist.
Rückbildung wird viel zu sehr pathologisiert und Frauen machen sich oft selbst zur Patientinnen, allein durch das Getrieben-sein, das Zweifeln, das Suchen nach dem Makel und, ich sage es mal vorsichtig, das Katastrophendenken, obwohl es oft gar keinen Grund dafür gibt.
Ich spreche im Zusammenhang mit Rückbildung immer gern von Heilung und Regeneration.
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Konzentriere dich auf das, was dein Körper braucht, anstatt auf das, was wieder "weg" muß. Der Bauch, die Kilos, die Pölsterchen, die schmerzenden Gelenke.
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Konzentriere dich darauf, die Heilung zu unterstützen, anstatt ihn noch mehr zu belasten.
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Geh schlafen, wenn du müde bist und gönn dir die Erholung.
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Mach Übungen und ein gesundes Rückbildungsprogramm, so wie es deiner körperlichen Situation angemessen ist.
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Hetz dich nicht durch diese Lebensphase. Das Leben besteht nicht aus einer Abfolge an Dingen, die "erledigt" sein müssen, damit wir dann durch die nächste Phase hetzen. Schnell ist das Leben nämlich eine Abfolge von aneinandergereihten, abgehetzten Teilstücken, die nicht abgeschlossen werden, mit unerledigten Dingen, die sich irgendwo ansammeln und stapeln. Das Leben holt einen nämlich immer ein.
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Laß dich ein auf diese Phase deines Lebens, dann klappt's viel besser.
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Kämpfe nicht dagegen an, sondern arbeite damit. So kommst du gesund und gestärkt am Ende raus.
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Du wirst es irgendwann genau merken, wenn dein Körper bereit ist. Es wird sich anders anfühlen. Das wirst du auch nicht mit dem Kopf durchdenken, du wirst es einfach wissen. Solange du dich fragst, ob diese Übung richtig für dich ist, ist sie es höchstwahrscheinlich nicht.
Wer das ein bißchen so sehen und umsetzen kann, der ist meilenweit voraus.
Also, laß dir Zeit.
Genieße diese einzigartige Zeit mit deinem Baby.
Du wirst sie dir später auf jeden Fall zurückwünschen. Das ist mal klar :)